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Das war der Literarische Herbst 2022
Ich habe beschlossen, das Ein-Mann-Orchester meines Schicksals zu sein…
Fiston Mwanza Mujila
Ein gefeierter Auftritt des ukrainischen Autors Juri Andruchowytsch mit seinem Roman „Radio Nacht“ im brechend vollen Literaturhaus Leipzig setzte den gelungenen Schlusspunkt des diesjährigen Literarischen Herbsts. In Zeiten eines pandemiebedingt geänderten Freizeitverhaltens, in denen kulturelle Angebote jenseits des Mainstreams oft noch zögerlich wahrgenommen werden, meldet sich die Literatur in 20 Veranstaltungen mit mehr als 50 Mitwirkenden kraftvoll zurück.
Im ersten Herbst ohne Corona-Beschränkungen nahmen die Leipzigerinnen und Leipziger das breit gefächerte Programm so neugierig wie lustvoll an. Das Spektrum reichte vom Auftritt des frisch gekürten Friedenspreisträgers Serhij Zhadan im Alten Rathaus über Lesungen der Buchpreis-Finalisten Daniela Dröscher und Eckhart Nickel bis zur Begegnung mit Österreich, dem Gastland der Leipziger Buchmesse im April 2023 oder einem Campus-Programm der Literaturzeitschrift Edit in der Galerie für Zeitgenössische Kunst.
Die Highlights der letzten Woche lassen sich mit den „Herbst-Tapes“, dem Podcast des Festivals, nacherleben. Die neuen Folgen der dann dritten Staffel werden auf Plattformen wie Spotify und Apple Podcasts angeboten.
Die nächste Ausgabe des Literarischen Herbsts findet vom 23. bis 29. Oktober 2023 statt.
Wir sehen uns!
„Woche der Relevanz“
Der Literarische Herbst 2022 in den Medien
Pink ist die Farbe der Saison.
LVZ
Schöntrinken möchte man sich diese Welt gern manchmal, in diesen Zeiten von Krisen, Krieg, Inflation und immer wieder medialem Overload. Der diesjährige Literarische Herbst in Leipzig empfiehlt ein anderes Mittel: Weiterschreiben! Weiterlesen!
Karin Fischer, Deutschlandfunk, Kultur heute
Das Literaturfestival bekommt in diesem Jahr einen ukrainischen Rahmen: Zum Auftakt wird am 24. Oktober, nur einen Tag nach der Friedenspreisverleihung in Frankfurt am Main, der neue Preisträger Serhij Zhadan lesen, zum Abschluss am 30. Oktober dann Juri Andruchowytsch. Dazwischen treten mit Daniela Dröscher und Eckhart Nickel zwei auf der Shortlist zum diesjährigen Deutschen Buchpreis vertretene Romanciers auf; außerdem begrüßt das Festival prominente Autoren wie Lucy Fricke, Friedrich Ani, Daniela Seel oder Helmut Lethen.
F.A.Z.
Das Festival ist am schönsten, wenn alles ineinanderfließt. Wenn zwei Krimiautoren sich über die Qualität von Hotelketten und Pensionen austauschen und Friedrich Ani dabei das Verschwinden der „kleinen verstaubten Pensionen“ bedauert, „obwohl es immer mehr Staub gibt“. Wenn sich zwischen Autoren und Publikum, Bühne und Saal lange Gespräche entwickeln, wenn Moderatoren Verbindungen offenlegen zu gesellschaftspolitischen Entwicklungen, die von Literatur begleitet werden. So erreicht dieses Festival in sieben Tagen eine Relevanz, wie sie in der DDR sozialisierten und politisierten Menschen einst vertraut und ein Bedürfnis war.
Janina Fleischer, LVZ
Auch wenn wir über Kultur und Literatur reden, sagt der Schriftsteller Serhij Zhadan, „steht das im Schatten des Krieges. Und wenn wir über den Krieg sprechen, dann aus der Literatur, aus der Kultur heraus.“ Selbst an den schlimmsten Tagen transportiere die Sprache den Glauben an die Zukunft. „Wir sind auf der Suche nach einer neuen Sprache der Kommunikation zwischen Ost und West“, denn Kultur und Literatur verlieren an Bedeutung ohne: Dialog. Und für den seien nicht nur „talentierte Schriftsteller“ nötig, „sondern auch gute Leser“. Oder zugewandte Zuhörer wie im voll besetzten Festsaal, die so interessiert sind wie ergriffen und nach zwei Stunden stehend applaudieren.
Leipziger Volkszeitung
Der Leipziger „Herbst“ stellte sowohl große Namen als auch freie Radikale der Literaturszene vor – und entließ das Publikum am Sonntagabend mit der Erkenntnis, dass es die thematische und formale Vielfalt braucht, damit Literatur zum Ordnungsinstrument der widersprüchlichen Wirklichkeit wird.
Cornelius WĂĽllenkemper, Deutschlandfunk
Am Montag hat er begonnen, und schon der zweite Abend zeigt, was den literarischen Herbst ausmacht, der noch bis Sonntag in Leipzig gefeiert wird. Gefeiert? Ja, denn die Festival-Atmosphäre entsteht mit einem Programm, das Themen und Genres mixt in Veranstaltungen, bei denen Autoren und ihre Neuerscheinungen von Experten präsentiert werden. Am Dienstag in der naTo waren das die Moderatorin Marion Brasch und der Musikjournalist Joachim Hentschel, der in seinem Buch „Dann sind wir Helden“ erzählt, „wie mit Popmusik über die Mauer hinweg deutsche Politik gemacht wurde“. Dazu gab’s Fotos und Videos auf der Leinwand. Beide sind begeistert, am Ort des ersten Rammstein-Konzerts im Jahr 1994 zu sein.
Janina Fleischer, Leipziger Volkszeitung